2016 – In der Zeitung gelesen

Rurich als Pilgerstätte für Oldtimerfans
Hückelhoven. Über 100 Teilnehmer verbuchte die Pfingstrallye in Rurich. Ab Schlosspark ging es unter den Augen vieler Schaulustiger auf die 120-Kilometer-Tour. Zu bestaunen waren PS-Raritäten von der breiten Limousine bis hin zum VW-Käfer-Cabrio. Von Willi Spichartz

Foto_RPStaunen und fachsimpeln war angesagt vor dem Rallystart am Ruricher Schlosspark, wo Teilnehmer und Publikum die edlen Karossen begutachten konnten. FOTO: Jörg Knappe

Welche Oldtimerrallye kann schon mit einem derart fürstlichen Endspurt aufwarten? Die Pfingstrallye in Rurich! Über 100 Autos und einige Motorräder gingen Pfingstsonntag unter dem Titel „Burgen, Schlösser und Motten“ auf Einladung der Ruricher Karnevalsgesellschaft „Rurblümchen“ auf eine rund 120 Kilometer lange „Ausfahrt“, deren letzter halber Kilometer durch den Ruricher Schlosspark führte.

Die dritte Pfingstrallye in Folge wartete mit einem Teilnehmerrekord auf, der auch so schnell nicht übertroffen werden kann, da in den 600-Einwohner-Ort nicht mehr Autos reinpassen. Mindestens 25 Jahre müssen teilnahmewillige Automobile oder motorisierte Zweiräder alt sein – entsprechend lag eine kleine Wolke guter alter Abgasdüfte über dem ansonsten beinahe ungetrübten Ruricher Himmel, während der fast zweistündigen Startphase fielen einige wenige Tröpfchen des eigentlich stärker angekündigten Regens.

KG-Rurblümchen-Präsident Ralf Müller und Geschäftsführer Uwe Sentis hatten mit gut 25 Mitstreiterinnen und Mitstreitern wieder eine perfekte Organisation hingelegt, die allein schon für die Attraktivität ausreicht. Zumal mit Getränkewagen, Imbiss, Kaffee und Kuchen im schick renovierten (vorwiegend in Eigenarbeit der Ortsvereine) Bürgersaal sowie Hüpfburg für die Kinder ein Rahmenprogramm geboten wurde, das im Gesamtangebot mit attraktiven Autos mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.

Präsident Ralf Müller schickte die Fahrzeuge auf die Reise durch einen Teil des Kreises mit Charakterisierung der Mobile und deren Halter, die keinen Zweifel daran ließ, dass der Redner Karnevalist mit Leib und Seele ist. Und er hatte auch was anzukündigen – allein vier Edelkutschen der britannischen Marke Rolls Royce, Chauffeure in vornehmem Mantel und Bowlerhut, bevölkerten Rurichs schmale Straßen.

Hatten (fast) alle Fahrzeuge Einheitskennzeichen, nämlich ein H am Ende für „Historisch“ für die mindestens 30 Jahre alten Karossen, so glänzten viele verschiedene Marken-Charaktere im Schatten des Schlosses, dessen Eigentümerfamilie Von Dürckheim-Montmartin den attraktiven Park des Anwesens gern zu solchen Veranstaltungen zur Verfügung stellt.
Porsches Modell 356 aus dem Jahr 1956 wartete mit elegant-sportlichen Rundungen in Silber auf, Nachfolgemodelle zeigten sich farbiger. Ein ganz außergewöhnliches Motor-Fahrzeug in Größe, Form und allem Anderen, was Mobilität zu bieten hat, erwies sich als „Büssing B 2000 Borgward“, einem Kübelwagen, der als geländegängiges Fahrzeug für Militär- und Hilfsdienste produziert worden war.

„Da steht eine halbe Million Euro!“ „Dafür musst Du schon eine volle Million hinlegen!“ – Expertengespräche um einen Mercedes 300 SL, einem Sportwagen aus Stuttgart, der zwischen 1954 und 1957 gebaut worden war. Der ob des Preises nur von Millionären gefahren werden konnte, die wiederum Türöffnungs-Personal sparen konnten, denn dessen „Flügeltüren“ öffneten sich automatisch nach oben. Die Leser der Zeitung „Motor Klassik“ wählten den elegant-bulligen Vierrädler 1999 zum „Sportwagen des Jahrhunderts“

Etwas anders ging der Eigentümer eines Mazda-RX-7-Sportwagens mit Wankelmotor an die Finanzierung des Geräts, wie Ralf Müller über Lautsprecher kundtat: „Er hat für zehn Jahre mit dem Rauchen aufgehört, um sich den RX-7 kaufen und restaurieren zu können. Ein echtes Nichtraucherauto also.“

Den geringsten Platzbedarf im kleinen Rurich hatte ein Goggomobil Coupé von 1957, das mit einem etwa gleichalten Verbandskasten und einer Anhängerkupplung aufwartete – mit einem Zweizylindermotor von 300 Kubikzentimetern und 15 PS. Quasi den Gipfel des Außergewöhnlichen bildete, so Ralf Müller, der Volvo 666, der dank seiner „Variomatik“ genauso schnell rückwärts wie vorwärts fahren kann. Ähnlich außergewöhnlich eine Rostlaube, die keine war: Ein Baaler Tätowierer hatte seinen Polo mit einer bräunlich-rötlichen Farbe so bemalt, dass er X Roststellen aufzuweisen schien – so glaubten das die Zusehenden, denn das wurde dem Publikum nicht gesagt.

Schlussstarter, wie konnte es anders sein, war ein VW-Käfer-Cabrio, der um 12.52 Uhr auf die besondere Tour geschickt wurde.